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Die Macherin

Lu Yen Roloff kandidiert für den Bundestag. Aber nicht, weil das ihr Traumjob ist. Vor allem möchte sie die Beteiligung der Zivilgesellschaft vereinfachen.

Der leuchtend-gelbe Motorroller ist schon von Weitem zu sehen. Lu Yen Roloff biegt in die Breite Straße in Potsdam ein, drosselt langsam die Geschwindigkeit und kommt neben einem opulenten Bürogebäude zum Stehen. Hier hat sie sich in einen Coworking-Space eingemietet.

Lu Yen setzt den Helm ab: moderne Frisur, definitiv auffällig. Noch auffälliger ist das breite Lachen auf ihrem Gesicht. Nicht das, was viele sich unter einer Bundestagskandidatin vorstellen würden.

Beim Gespräch in den kleinen, gemütlichen Räumen wird klar: Die 43-Jährige repräsentiert schon nach Außen, wie sie Politik denkt und verändern will. Mutig ist sie, jugendlich, knallig und manchmal auch laut. „Es braucht frischen Wind“, fasst sie zusammen. „Die Politik, die ich haben möchte, existiert nicht. Also muss ich sie wohl selber machen.“

Lu Yen kandidiert 2021 als parteilose Kandidatin für den Bundestag. Der Klimaschutz liegt ihr besonders am Herzen.

Lu Yen kandidiert 2021 als parteilose Kandidatin für den Bundestag. Der Klimaschutz liegt ihr besonders am Herzen.

Mit Vizekanzler Olaf Scholz (SPD) und Grünen-Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock hat Lu Yen harte Konkurrenz.

Mit Vizekanzler Olaf Scholz (SPD) und Grünen-Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock hat Lu Yen harte Konkurrenz.

Die St. Nikolaikirche überragt sichtbar die ganze Stadt: Lu Yen zog nach vielen Besuchen in Potsdam im Sommer 2020 in ihre neue Wahlheimat.

Die St. Nikolaikirche überragt sichtbar die ganze Stadt: Lu Yen zog nach vielen Besuchen in Potsdam im Sommer 2020 in ihre neue Wahlheimat.

Lange Zeit empfand Lu Yen die Bundespolitik als starr, weit weg und wenig relevant für ihren Alltag: „Ich habe mich wie viele andere auch darauf ausgeruht, dass die Demokratie schon funktionieren wird. Als Klimaaktivistin habe ich angefangen, mich damit zu beschäftigen. Zuvor war ich schon sehr stadtpolitisch interessiert oder habe mich mit internationalen Beziehungen und globalen Themen auseinandergesetzt, auch mit der Zivilgesellschaft und alternativen Strukturen und ihrer Rolle in der Politik. Das war mir einfach näher als formelle juristische Prozesse und dröge Berufspolitiker in Anzügen.“

Durch ihre Arbeit mit Extinction Rebellion habe sie sehr oft vor Ministerien protestiert, erzählt sie. „Da kam nie ein Vertreter raus, um sich mal mit uns zu unterhalten.“ Gemeinsam mit 1,4 Millionen Menschen habe sie am Tag des Klimastreiks gelitten, als das Klimapaket der Bundesregierung herausgegeben wurde. „Ich habe beobachtet, wie sich mächtige Konzerne mit erfolgreichem Lobbying der Kontrolle der Regierung entzogen und Gesetze beeinflussten. Ich war wütend und entsetzt über die Kurzsichtigkeit von Entscheidungen, die Oberflächlichkeit und das Unwissen bei so überlebenswichtigen Themen wie Klimaschutz.“

Besonders da aber sieht Lu Yen die Zeit für einen politischen Wandel ablaufen: „Ich habe verstanden, dass wir noch die nächste Legislaturperiode haben, um die Weichen für ein 1,5-Grad-Limit zu stellen. Deutschlands CO2-Budget ist aufgebraucht. Aber wir tun so, als hätten wir noch bis 2050 Zeit.“

Roloff hat die Extinction Rebellion-Bewegung in Deutschland ab Juli 2019 in Vollzeit mit aufgebaut und lange Zeit als Campaignerin für Greenpeace gearbeitet. Dabei sei ihr klar geworden, dass sowohl eine freiwillige Selbstverpflichtung von Unternehmen, ihren CO2-Abdruck zu verringern, als auch die persönliche Verantwortung eines jeden Einzelnen keine Lösung für die drohende Zerstörung aller natürlicher Lebensgrundlagen sind. Es braucht eine echte sozialökologische Transformation und die dazu passende mutige und radikal progressive Politik, um das zu ändern“, so ihr Fazit.

Der Aufbruch zu einer neuen Politik

Ideen, wie sich Veränderung herbeiführen lässt, gäbe es vor allem in der jungen Zivilgesellschaft, erzählt Lu Yen. Konkrete Lösungen, um diese Transformation jetzt zu beginnen, gibt es viele, ergänzt sie. „Initiativen, Bewegungen und Organisationen wie junge Menschen aus der Zivilgesellschaft setzen sich schon lange dafür ein." Diese Menschen seien deshalb von den Regierungsmaßnahmen in der Pandemie besonders enttäuscht gewesen – etwa von den Milliarden, die an Lufthansa und Kreuzfahrt gingen, statt die Coronahilfen für eine „Weichenstellung“ zu nutzen.

„Gerade in diesen Kreisen ist es wichtig, dass wir Möglichkeiten aufzeigen, sich auch ohne enormen zeitlichen und organisatorischen Aufwand politisch zu engagieren“, erklärt die Kandidatin. Lu Yen sehnt sich nach einer neuen, mutigen Politik, die sich für den Klimaschutz stark macht und sich außerdem am Gemeinwohl orientiert. Dafür brauche es Menschen, „die nicht nur reden, sondern handeln“ – eine Politik, von Menschen mit Visionen und Ideen.

Lu Yen zieht mit klaren Überzeugungen, aber ganz ohne Partei in den Wahlkampf.

Bewegungen wie Fridays for Future und Black Lives Matter zeigten ja deutlich, meint Lu Yen, dass sich Teile der Zivilgesellschaft sehr wohl mit politischen Themen befassen. Trotzdem halte sich die Meinung, dass politisches Engagement Zeit kostet, die die wenigsten Menschen neben Beruf und Familie noch aufbringen können, hartnäckig. Zudem brauche es ja erstmal Gleichgesinnte, die eine Idee oder ein Projekt unterstützen würden.

„In Gesprächen, besonders mit jungen Menschen, wird mir immer wieder klar, dass es schon jetzt unzählige Lösungen und konkrete Optionen gibt.“ Die umzusetzen, dafür fehle auf Regierungsebene aber oft der Wille, meint Lu Yen. Und den gälte es zu organisieren.

„Deutschlands Politik ist geprägt von einer ritualisierten Parteiendemokratie. Lobbyinteressen und Fraktionszwang beeinflussen wichtige Entscheidungen und die politischen Handlungsspielräume werden dadurch enorm eingeschränkt. Das ist für mich keine lebendige Demokratie!", fasst Lu Yen zusammen.

Ihr Ziel: Strukturen schaffen, die eine Politik „von unten“ möglich machen. Dies gehe nur, wenn sich Menschen aus der Zivilgesellschaft zusammentun und sich auch trauen, „politisch aktiv mitzugestalten“. Lu Yen sieht ihre Aufgabe insbesondere darin, die passenden Strukturen für diese Mitgestaltung durch „Community Organizing“ zu schaffen.

Die parteilose Kandidatin versteht sich vor allem als Sprachrohr der Zivilgesellschaft und will andere mitreißen.

Die parteilose Kandidatin versteht sich vor allem als Sprachrohr der Zivilgesellschaft und will andere mitreißen.

Mit der Plattform #einfachmachen will sie andere Menschen dabei unterstützen, ihre Ideen in die Welt zu tragen.

Mit der Plattform #einfachmachen will sie andere Menschen dabei unterstützen, ihre Ideen in die Welt zu tragen.

Organizing: klassisch auf den Straßen von Potsdam. Unterstützung bekommt Lu Yen dabei von vielen Freiwilligen.

Organizing: klassisch auf den Straßen von Potsdam. Unterstützung bekommt Lu Yen dabei von vielen Freiwilligen.

Gemeinsam mit einem Team bestehend aus acht Kernmitgliedern, mehreren Subteams und vielen Unterstützer*innen baut sie deshalb eine Plattform auf. Unter dem Motto #einfachmachen soll diese Menschen dabei unterstützen, ihre Ideen in die Welt zu tragen, sich politisch zu organisieren und gemeinsam aktiv zu werden. Viele wüssten nämlich gar nicht, wie sie politisch wirksam werden könnten. Oft fehle es am notwendigen Know-how. Andere hätten genau dieses notwendige Wissen, benötigten aber eine Plattform, um ihre Ideen in die Breite zu tragen und Unterstützer*innen zu finden, die sich zeitlich einbringen.

„Über unsere Plattform können die richtigen Menschen zusammenfinden, Pläne konkret angehen und kontinuierlich neue Mitstreiter*innen gewinnen. Wir arbeiten auf neue Mehrheiten hin“, erklärt Lu Yen.

„Jeder Mensch kann hier seine ganz konkreten Projekte vorschlagen: eine 30er Zone vor der Grundschule oder das Aufstellen von Froschzäunen im Frühjahr: Wir setzen uns konkret für die Anliegen von Bürgerinitiativen, sozialen Einrichtungen und Organisationen aus den Bereichen Gemeinwohl, Klima, Ernährungs- und Verkehrswende oder Kultur ein. Wir wollen den Menschen helfen, die Zukunft vor der eigenen Haustür aktiv mitzugestalten.“ Voraussetzung aber sei, dass die eingebrachten Vorhaben weder demokratiefeindlich noch menschenverachtend seien.

Digitale Strukturen im Engagement

Organizing ist heute nicht mehr neu: In den USA ist es in Gewerkschaften oder auf kommunaler Ebene ein beliebtes Instrument, um politische Macht dadurch aufzubauen, dass Menschen miteinander organisiert, strategisch geschult und fokussiert handeln und so wirksam werden. Ex-US-Präsident Barack Obama etwa nutzte genau das für seinen Wahlkampf 2008. Für die Wahlkampagne von Obama organisierten sich Zehntausende in Teams, die eigenständig Haustürwahlkampf machten, Spendenevents durchführten oder überall sichtbare Schilder für den Kandidaten aufstellten.

Auch Lu Yen setzt beim Stimmenfang in ihrem Potsdamer Wahlkreis auf Organizing: So können sich Menschen, die sich auf der #einfachmachen-Plattform registrieren, an niedrigschwelligen Wahlkampfaktionen beteiligen und so dazu beitragen, dass der Bekanntheitsgrad der parteilosen Kandidatin, ihrer Politik und ihren Vorhaben gesteigert wird. „Unser Ziel ist es erstmal, so viele Menschen wie möglich auf unsere Plattform aufmerksam zu machen – denn nur so funktioniert Beteiligung.“ Nach und nach werde sich dann auch herausstellen, welche der Teilnehmer*innen sich überdurchschnittlich einbringen.

Digital organisiert: Mit wenigen Klicks mitmachen beim Wahlkampf.

Lu Yen möchte sie auf ihrem Weg von neugierigen Beobachter*innen hin zu politisch Engagierten begleiten, ihnen Handlungsfelder aufzeigen, aber genauso in Fortbildungen neues Wissen vermitteln, um „ihre Kompetenzen zum bewussten politischen Handeln nachhaltig zu stärken".

Dass das viel Arbeit sein werde, wusste Lu Yen von Beginn an – und sie wusste, worauf sie sich einlassen würde. „Der Aufbau der Community-Plattform, das Organisieren des Wahlkampfes, das Koordinieren meiner vielen fleißigen ehrenamtlichen Helfer*innen – das ist mehr als ein Vollzeitjob“, sagt sie. Bei JoinPolitics bewarb sie sich erfolgreich um eine Förderung. Mit dem Startkapital baut sie in ihrer Wahlheimat Potsdam Strukturen auf, die die politische Partizipation der Zivilgesellschaft besser möglich machen sollen.

Und nach der Wahl? 38.000 - 50.000 Stimmen, je nach Umfrage, braucht Lu Yen, um für ihren Wahlkreis 61 für Potsdam / Mittelmark II / Teltow-Fläming II in den Bundestag einzuziehen. Dass das klappt, davon geht sie erstmal aus. „Ich bin radikale Optimistin, sonst würde ich das hier alles auch gar nicht lostreten. Hoffnungslosigkeit können wir uns nicht leisten; Hoffnung ist doch der Motor, um dranzubleiben.“

Noch mehr als auf den Wahlsieg arbeitet Lu Yen jedoch darauf hin, dass die Strukturen, die sie und ihr Team mit #einfachmachen aufbauen, auch über die Wahl hinaus bestehen bleiben. „Für mich hat es sich gelohnt, wenn wir erfolgreich Menschen organisieren und sie dabei unterstützen, wirklich einen politischen Unterschied zu machen. Ob das im Bereich Klimaschutz, niedrigere Mieten oder ein Wahlergebnis sein wird, das entscheiden auch die Menschen selbst.

Für ihre persönlichen politischen Ziele werde sie immer kämpfen. "Wenn ich in den Bundestag einziehe, dann werde ich diese Strukturen mit den Ressourcen des Mandats weiter ausbauen und dafür sorgen, dass zivilgesellschaftliche Stimmen im Parlament besser gehört werden - und ansonsten arbeiten wir außerparlamentarisch daran, gemeinsam Politik einfach zu machen.“

Politik von unten

Lu Yen Roloff will anderen Engagierten zeigen, dass sich Probleme am besten gemeinsam lösen lassen.

Lange Tage im Straßenwahlkampf, Abende in Diskussionsrunden und Organisationstreffen, Nächte, in denen sie weiter Aktionen plant: Lu Yen Roloffs Zeitplan ist straff getaktet, das Telefon ihr wichtiges Arbeitsmittel. Telefonieren, texten, die Social-Media-Kanäle versorgen — all das läuft parallel. Mit viel Elan geht die 43-Jährige Schritt für Schritt vorwärts und der Bundestagswahl entgegen. Gut eine Woche bleibt. Noch einmal mobilisiert sie in dieser stressigen Wahlkampfphase Kräfte für ein besonderes Projekt: ein Online-Bootcamp.

Über die Community-Plattform #EinfachMachen können sich bei dieser Aktion Menschen aus Lu Yens Wahlkreis Potsdam vernetzen, ihre Ideen artikulieren und lernen, politische Einflussmöglichkeiten auszuschöpfen. „Ein konkreter Anlass könnte zum Beispiel sein, dass ich mir eine Tempo-30-Zone in meiner Straße wünsche. Im Bootcamp erarbeiten wir zusammen eine Strategie, wie wir diesem Ziel gemeinsam als zivilgesellschaftliche Akteur*innen näher kommen können“, erklärt Lu Yen ihre Vision der Politik von unten.

Gestartet ist das Bootcamp bereits Anfang September. Es läuft über mehrere Wochen. „Bisher gab es zwei Sessions, in denen wir zunächst über politische Macht und die eigene politische Wirksamkeit gesprochen haben. Dann sind wir ins praktische Training gegangen.“ Lu Yen möchte auf diesem Weg einmal mehr verdeutlichen, dass Demokratie von vielen gestaltet wird. „Dafür müssen wir uns aber bewusst werden, was wir wollen und welche Ressourcen wir einbringen können.“

Die Teilnehmer*innen haben deshalb zu Beginn ihre Stärken reflektiert. Was kann ich beitragen, was sind meine Talente, wen kenne ich, welche Kontakte habe ich — nur ein Bruchteil der besprochenen Themen. Ein zweites Zoom-Meeting sei dann von dieser Frage geleitet gewesen: „Welches Problem hättest du nicht, wenn es gute Politik gäbe?“ Im direkten Austausch sollen Akteur*innen sehen, dass sie nicht allein sind mit einem Konflikt.

Wie es dann im nächsten Schritt gelingt, über Politik zu sprechen und neue Mitstreiter*innen zu gewinnen, erläutert Lu Yen aus eigener Erfahrung als Campaignerin bei Greenpeace und Koordinatorin der Klimabewegung Extinction Rebellion. „Die richtige Kommunikation ist essentiell, denn unsere Stimme ist unser wichtigstes Instrument“, sagt sie. Um sich der Klimakatastrophe und der Dringlichkeit von Veränderung zu nähern, sei die persönliche Erfahrung und subjektive Beobachtung ein Türöffner im Dialog. „Auch eine andere Person überhaupt zum Sprechen zu bringen, ist unheimlich wichtig. Die Auseinandersetzung regt schließlich erst dazu an, über Politik nachzudenken.“ In Telefonübungen haben die Teilnehmer*innen daher das politische Kommunizieren praktisch geübt. In einem letzten Treffen könnten jetzt konkrete Aktionen geplant werden, um Lu Yens Wahlkampfziel noch ein Stück näher zu kommen: „Diese Wahl zur Klimawahl zu machen.“

Auch in der Zukunft soll die Netzwerkarbeit weitergehen. Unabhängig davon, ob Lu Yen den Sprung in den Bundestag als unabhängige Kandidatin schafft. Neben den nächsten Bootcamp- und Wahlkampfterminen steht schon eine weitere Veranstaltung fest auf ihrer Agenda: die Wahlparty. Auch hier läuft die Organisation auf Hochtouren.

Zivilgesellschaft stärken — jetzt erst recht 

Den Einzug in den Bundestag hat Lu Yen Roloff verpasst. Doch mit klaren Vorstellungen will sie nun die Marke „Einfach Machen“ professionalisieren.

Die Wahlparty ist gefeiert, das Ergebnis gesackt. Die Plakate mit ihrem Konterfei wurden längst von den Laternen geschnitten und als Bastelmaterial an eine Schule verschickt. Lu Yen wirkt ruhiger. Das Adrenalin der letzten Wahlkampfwochen: verflogen. Jetzt beginne für sie eine Zeit der Stille, sagt sie. Etliche Details schwirrten noch in ihrem Kopf, die sie nach und nach ordnen müsse. Und dennoch spricht sie bereits jetzt sehr reflektiert über ihren Versuch, als unabhängige Kandidatin in den Bundestag einzuziehen und Zivilgesellschaft politisch zu stärken. 

Unheimlich viel hätte sie diese Zeit gelehrt. Zunächst erst einmal ehrliche Dankbarkeit. Zum Beispiel für jede der 845 Stimmen, die die Menschen ihr anvertraut hätten. „Es macht mich stolz, weil es ganz bewusste Stimmen sind. Auf den 20. Platz des Stimmzettels verirrt sich ja niemand zufällig“, erklärt sie. „Obwohl diese Leute wussten, dass ich voraussichtlich nicht das Mandat gewinne, haben sie mit ihrer Stimme ein Signal gesetzt. Für konsequenten Klimaschutz, für Gemeinwohl und eine stärkere Partizipation der Zivilgesellschaft.“ 


Eintreten für eine positive Politik

Dass das mit vergleichsweise wenig Ressourcen, einer geringen Reichweite und kleinem Budget gelungen ist, bestärke sie in ihrem Tun. Gerade die tatkräftige Unterstützung und Hilfe Engagierter und hauptsächlich Ehrenamtlicher – sei es im Straßenwahlkampf oder bei spontanen Aktionen – habe ihr gezeigt, dass sie mit ihrer Meinung nicht allein ist. „Es hat mich empowert zu sehen, dass das, was ich für richtig halte, nicht nur mein Standpunkt ist. Wir haben unfassbar viele Kontakte zu Initiativen und Organisationen geknüpft, die jetzt in unserem Verteiler sind. Wir haben uns als Freiwillige aktiviert und darauf können wir aufbauen.“

Deshalb soll es nun weitergehen. Konkrete Ideen und Pläne möchte Lu Yen zwar noch nicht äußern, aber unter der Marke „Einfach machen“ wolle sie auch künftig versuchen, Zivilgesellschaft für lokale Projekte zu gewinnen und politische Interessen zu verknüpfen. Wie das praktisch aussehen könnte? „Meine Erfahrung ist, dass dafür Begegnung enorm wichtig ist. Je niedrigschwelliger und aufsuchender ein Angebot, umso besser.“ Dass diese Strategie mit der Corona-Pandemie nicht immer kompatibel war, sei eine weitere Lehre der letzten Monate.  

Taktisch möchte die Potsdamerin künftig vor allem zwei Dinge weiterentwickeln. Zum einen den Aufbau von Strukturen, zum anderen die Kommunikation von Politik. „Es ist ja bekannt, dass Emotionalisierung im politischen Geschehen gut funktioniert. Leider wird dabei meistens mit negativen Gefühlen gearbeitet. Ich glaube aber, dass Politik emotional positiv gemacht werden muss.“ Es brauche Motivation, Inspiration und eine kooperative Grundhaltung.

Kooperation als Schlüssel

Gerade in puncto Kooperationen und Allianzen sieht sie einen Schlüssel, um noch stärker Wirkung zu entfalten. Denn: Der Aufbau von Strukturen sei allein sehr mühsam. „In Zukunft würde ich versuchen, Prozesse effizienter zu organisieren. Wenn ich zum Beispiel für eine Aktion Reichweite benötige, würde ich reichweitenstarke Partner*innen ansprechen, die eine Sache gemeinsam mit mir kommunizieren. Wenn ich hingegen viele Menschen für ein Projekt brauche, suche ich menschenstarke Verbündete, mit denen ich etwas zusammen organisieren kann.“ Das beschleunige Dinge und vergrößere wiederum das Netzwerk. 

Solche Allianzen müssten konsequent organisiert werden. In dieser Rolle kann sich die 43-Jährige künftig durchaus sehen. Denkbar sei für sie aber auch, publizistisch tätig zu sein oder als Speakerin bestimmte Ideen und Inhalte weiter zu pushen und so den Diskurs mit zu prägen. „All das empfinde ich als Teil von Politik machen. Dafür brauche ich nicht im Parlament sitzen.“ 


JoinPolitics ist überzeugt von Lu Yens politischem Ansatz, weil er das digitale Community Organizing mit der Mobilisierungskraft eines medial wirksamen Wahlkampfes verbindet. So kann in und aus Potsdam eine echte politische Bewegung wachsen. Gemeinsam werden Lösungen für Klimapolitik und soziale Fragen entwickelt. JoinPolitics wünscht sich mehr Talente wie Lu Yen, die den Sprung von zivilgesellschaftlichem Engagement in die Politik wagen.

Mehr erfahren: https://einfachmachenplattform.de

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