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Portrait einer Frau

Zeitgemäße Familienpolitik

Natascha Sagorski

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Verein für Feministische Innenpolitik

Natascha Sagorski hat es selbst erleben müssen: Sie hatte eine Fehlgeburt und sollte am nächsten Tag wieder funktionieren und zur Arbeit erscheinen. Fehlgeburten lassen sich nicht verhindern. Dass Menschen direkt danach zum Arbeiten gezwungen werden, schon. Mit ihrer familienpolitischen Initiative will sie einen gestaffelten Mutterschutz für Menschen nach Fehlgeburten gesetzlich verankern.

Wer bist du und was machst du bei JoinPolitics?

Ich bin Natascha Sagorski und 38 Jahre alt. Ich bin Mutter von zwei Kindern und ich setze mich für die Rechte von Frauen nach Fehlgeburten ein. Ich habe selbst eine Fehlgeburt erleben müssen und hätte mir vorher nicht vorstellen können, wie mit Frauen in dieser Situation in Deutschland umgegangen wird. Ich sollte am Tag nach meiner Fehlgeburt direkt wieder arbeiten und konnte mich trotz extremer psychischer und physischer Belastung nur auf Umwegen krankschreiben lassen. Mittlerweile weiß ich, dass ganz viele Frauen ganz Ähnliches durchmachen. Deswegen setze ich mich zusammen mit der Initiative Feministische Innenpolitik für einen gestaffelten Mutterschutz nach Fehlgeburten ein. Neben meiner Arbeit als selbständige PR-Expertin und Autorin verfolge ich meine politische Vision weiter und hoffe, in Zukunft auch parlamentarische Verantwortung übernehmen zu können.

Dein Weg in die Politik?

Ich war schon immer politisch interessiert und habe deshalb Politikwissenschaft studiert. Später habe ich für einen Landtagsabgeordneten gearbeitet. Die parteiliche Arbeit hat mich jedoch irgendwann desillusioniert und ich dachte mir: Die Herrschaften sollen sich ohne mich die Köpfe einschlagen. Nach meiner Fehlgeburt erhielt ich ein riesiges Echo von Frauen und Familien, die ähnliches durchgemacht haben. Dadurch habe ich realisiert, dass sich nichts ändern wird, wenn wir uns nicht selbst dafür einsetzen. Kein Politiker wird morgen aufwachen und sagen: Hey, wir müssen uns jetzt für die Rechte von Frauen nach Fehlgeburten einsetzen! Junge Mütter haben logischerweise oft andere Herausforderungen und Themen, als sich mit Politik zu beschäftigen. Deshalb ist es für mich sehr wichtig, als Mutter politische Verantwortung zu übernehmen. Die Gewissheit, dass niemand anderes diese Arbeit für mich übernehmen wird, hat mich zurück zum politischen Engagement geführt und treibt mich an.

Wofür brennst du?

Für moderne Familienpolitik und Innenpolitik aus feministischer Perspektive. Leider gibt es unzählige Missstände und Herausforderungen. Deshalb fokussiere ich mich momentan auf die Rechte von Menschen, die Fehlgeburten erleben müssen. Aktuell stehen Menschen in Deutschland bei einer Diagnose in der 23. Schwangerschaftswoche genau null Tage Mutterschutz zu. Geht man einen Tag später, am ersten Tag der 24. Schwangerschaftswoche, in die gleiche Praxis mit der gleichen Diagnose, bekommt man 18 Wochen Mutterschutz. Diese harte Grenze ist wahnsinnig unfair und macht medizinisch überhaupt keinen Sinn. Ich habe eine Frau in ihrer 23. Woche begleitet, die schon die Diagnose bekommen hatte, dass ihr Kind nicht lebensfähig sein wird. Sie hat die ganze Zeit gehofft, dass ihr Kind noch bis nächsten Dienstag überlebt, denn wenn es am Montag stirbt, kriegt sie keinen Mutterschutz. Das Kind ist letztendlich mittwochs gestorben, sie hat Mutterschutz bekommen, aber sie hat sehr gelitten. Deshalb kämpfe ich für einen gestaffelten Mutterschutz, der sich mit den Schwangerschaftswochen immer weiter aufbaut und Frauen deutlich früher schützt. Durch die hohe Aufmerksamkeit meiner Petition konnte ich die Politik zwingen, mir zuzuhören. Daraufhin habe ich mit unserer Initiative eine Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe eingelegt. Der nächste Schritt muss jetzt sein, einen neuen Gesetzesentwurf auszuformulieren.

Was hast du aus Herausforderungen in der Vergangenheit gelernt?

Es war sehr frustrierend zu erleben, dass die Politik am Anfang überhaupt kein Interesse hatte, mit mir über meine Petition und mein Thema zu sprechen. Als dann unter anderem SPIEGEL Online mehrere Artikel darüber veröffentlicht hat, kamen plötzlich Parteien auf mich zu, die mich vorher ignoriert hatten. Mir ist dadurch noch klarer geworden, welche relevante Macht und Verantwortung die Medien haben, weil die Politik durch die Aufmerksamkeit zum Handeln gezwungen wird. Ohne die Medien würde ich nicht da stehen, wo ich jetzt stehe.

Was wäre für dein Projekt der Best Case im nächsten halben Jahr?

Im besten Fall steht in einem halben Jahr der Gesetzesentwurf, der konkret sagt, wie der gestaffelte Mutterschutz umgesetzt werden kann. Ich bin mir darüber bewusst, dass die genaue Festlegung der Staffel sehr komplex ist und es wahrscheinlich ist, dass es länger dauern wird. Aber ich glaube, man muss sich diese ambitionierten Ziele setzen, damit sie irgendwann eintreffen. Was ich mir sonst wünsche ist, dass meine Politik zu mehr Sichtbarkeit von Fehlgeburten führt. Es braucht mehr betroffene Menschen, die mit ihren Erfahrungen an die Öffentlichkeit gehen und das Thema enttabuisieren. Ich will, dass alle verstehen, dass Fehlgeburten jeden Tag passieren und dass Betroffene sich nicht selbst die Schuld dafür geben.

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