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“Ein Wahlkampf erfordert 100 Prozent. Bürgerbeteiligung aber auch" - unsere Alumna Karolin Ring im Interview

Karolin Ring ist gebürtige Beeskowerin, studierte Medienwirtschaftlerin und Journalistin, außerdem JoinPolitics Alumna. Mit einer Initiative setzt sie sich für eine aktive Bürgerbeteiligung in ihrer Heimatstadt Beeskow in Brandenburg ein. Als parteiunabhängige Kandidatin hat sie zudem am 24. September 2023 bei der Bürgermeisterschaftswahl in Beeskow kandidiert. JoinPolitics hat Karolin dabei begleitet.

Für die Wahl zur Bürgermeisterin hat es am Ende nicht gereicht. Karolin reflektiert nun ihre Erfahrung, auf welche Herausforderungen sie gestoßen ist und was sie aus der Kandidatur gelernt hat. Wir haben sie dazu interviewt.

Karolin, was war dein politisches Vorhaben?

Als entschieden wurde, dass unser damaliger Bürgermeister Frank Steffen (SPD) Landrat wird und dadurch vorgezogene Bürgermeisterwahlen anstehen, war für mich sofort klar, dass ich diese Chance ergreifen möchte.

Ich habe Beeskow in den letzten Jahren zum Titel ‘Kinderfreundliche Kommune’ geführt und mit einem Maßnahmenplan vor allem in der Beteiligung von Kindern und Jugendlichen viel erreicht. Dank JoinPolitics konnte ich mein Herzensthema, Beteiligung, weiter ausbauen und in Beeskow mit meiner Initiative ‘Mitgedacht – Mitgemacht’ Ideen, Projekte und Themen aus der Stadtgesellschaft anschieben und begleiten. Mit der Bürgermeisterin hat es leider nicht geklappt: 19 Prozent sind es am Ende geworden, Platz 3.

Wie hast du dieses Vorhaben umgesetzt?

Zwei Monate lang haben mein Team und ich nur zum Thema Beteiligung in Deutschland recherchiert. Wir haben geschaut, was in anderen Städten funktioniert, haben Formate studiert und am Telefon Learnings von anderen Kommunen diskutiert. Daraus haben wir ein modulares Konzept entwickelt, das für jede Gemeinde oder Stadt anwendbar ist. Seit Juni erproben wir nun in Beeskow das Konzept. Dabei ermutigen wir unsere Bürger, ohne viel Aufwand und auf unterschiedlichsten Wegen Politik und Gesellschaft vor Ort mitzugestalten. Aktuelle Bürgerumfragen sind beispielsweise auf mitgedacht-mitgemacht.de nachzulesen.

Welchen Herausforderungen bist du dabei begegnet?

Bürgerbeteiligung braucht einen langen Atem. Es ist kein Marathon, es ist ein Ultramarathon, eine lange Reise, für die man viele Menschen erst begeistern muss. Nicht nur die Bürger*innen, sondern auch die Verwaltung und die politischen Akteure. Wir haben in den letzten sechs Monaten schon unglaublich viel erreicht, bräuchten aber sechs Jahre, um Strukturen aufzubrechen und Prozesse neu zu denken und den Bürgern*innen überhaupt erst auch Raum und Zeit für Mitbestimmung zu ermöglichen. Ich denke, dass vor dieser Herausforderung sehr viele ‘Veränderer*innen’ stehen, die im politischen System Verbesserungen erwirken wollen. Es braucht Zeit, Geduld und jeden Tag neue Motivation.

Welche Rolle hat JoinPolitics dabei gespielt?

Ohne JoinPolitics hätte es meine Initiative nicht gegeben. Allein schon mit der Bewerbung habe ich die Chance ergriffen, das Thema Beteiligung so zu durchdenken, aufzuschreiben und in einen Pitch zu packen, dass sich allein das gelohnt hat. Mit jedem Weiterkommen habe ich an der Idee gefeilt, mit jedem Gespräch, mit jeder Masterclass, mit jedem Austausch wurde die Idee besser und konkreter. Bis heute bringen mich die guten und schlauen Gedanken der Crew von JoinPolitics weiter und ich bin unglaublich dankbar, Teil davon zu sein.

Gab es im Kontext des Wahlkampfs oder der Wahl Herausforderungen, die du unterschätzt hast?

Ich hätte nicht gedacht, dass die Förderung für ‘Mitgedacht – Mitgemacht’, einer positiven Initiative für mehr Mitbestimmung der Bürger in Beeskow, negativ geframed werden könnte.

Im Nachhinein würde ich Wahlkampf und Initiative nicht nochmal zusammenpacken. Ein Wahlkampf erfordert 100 Prozent. Das Voranbringen eines so wichtigen Themas wie Bürgerbeteiligung verlangt aber auch 100 Prozent. Ich habe mich manchmal sehr zerrissen gefühlt, da ich beide Themen auch voneinander trennen wollte.

Wie geht es nun für dich weiter?

In den letzten Monaten habe ich noch mehr gemerkt, wie sehr mich politisches Engagement begeistert. Ich möchte den Weg weitergehen. Im Juni 2024 stehen Kommunalwahlen in Brandenburg an. Mein Ziel ist es, als Stadtverordnete für Beeskow weiter aktiv bleiben zu können.