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"Always be Scouting" - Philip Husemann über die Suche nach politischen Talenten

Philip, du verantwortest bei JoinPolitics u. a. das Scouting, also die Suche nach politischen Talenten. Was macht diese Aufgabe für dich aus?

Wir vergleichen die Aufgabe gern mit der Trüffelsuche oder dem Perlentauchen. Das soll zum Ausdruck bringen, dass wir stets auf der Suche nach wirklich außergewöhnlichen Talenten sind. Aus knapp 650 Bewerbungen und nochmal deutlich mehr Interessenten haben wir in den vergangenen vier Jahren lediglich 43 Talente ausgewählt. Das mag auf den ersten Blick wenig erscheinen, dahinter steckt aber System: Wir wollen Menschen fördern, die das Potential haben, den Politikbetrieb zu modernisieren und zu transformieren. Für einen solchen Kulturwandel braucht es besondere Eigenschaften, ein außergewöhnliches Profil und eben Talent. Hier kann man sich zum Beispiel einiges beim Profisport abgucken. Auch hier geht es ja darum, Talente möglichst früh zu finden und in Leistungszentren in ihrer Entwicklung zu fördern und fit zu machen für das höchste Level. 

Nach welchen Personen sucht ihr?

Wir bemühen uns, möglichst konkret zu fassen, was ein politisches Talent ausmacht und nach welchen Personen wir demzufolge scouten. Fünf Persönlichkeitsmerkmale sind uns besonders wichtig, wir nennen sie intern auch die Big Five von JoinPolitics: Wir suchen erstens Menschen, die eine klare Vision formulieren und entsprechend dieser handeln können, also Umsetzungsstärke zeigen. Zweitens prüfen wir, ob die Person von Werten geleitet ist und wenn ja, von welchen. Wir gehen drittens auf den Grund, welchen purpose die Person antreibt, was sie im Inneren motiviert, sich den “Wahnsinn” Politik anzutun. Viertens sollte die Person gern mit Menschen arbeiten, eine people person sein, denn im stillen Kämmerlein lässt sich keine Politik machen. Wenn die Person dann auch noch, fünftens, Menschen für ihre Mission begeistern und mitnehmen kann, zum Beispiel durch tolles Storytelling, schrillt bei uns der Talent-Alarm und die Person hat gute Chancen, es in die Förderung zu schaffen. Ganz wichtig ist uns natürlich auch die fachliche Expertise: Kann und will sich die Person tief in politische Themen einarbeiten? Versteht sie politische Probleme und kann sie sinnvolle und logische Lösungsansätze herleiten? Das prüfen wir mithilfe eines sog. Political Impact Plan, den alle Bewerbende ausfüllen. 

Wie geht ihr bei der Suche nach politischen Talenten konkret vor?

Wir schreiben ja regelmäßig aus, sodass man sich zu Stichtagen für eine Förderung bewerben kann. Trotzdem gilt das Motto: “Always be Scouting!”. Wenn ich zum Beispiel bei Workshops spannende Personen kennenlerne, ermutige ich sie, erstmal eine ganz formlose Interessenbekundung bei uns einzureichen. Dort, wo ich besonders großes Talentpotential sehe, suche ich nach dem Kennenlernen den weiteren Kontakt, rufe zwischendurch mal an und weise auf Bewerbungszeiten hin. In den heißen Bewerbungsphasen zählt es dann. Wir als Scouting Crew versuchen dann möglichst gezielt Talente zu erreichen, für die der  Förderzeitraum besonders relevant ist. Politischer Erfolg hat viel mit Momentum zu tun, also die Zeitfenster zu nutzen, die sich öffnen, aber eben auch wieder schließen. Das gilt natürlich vor allem für Wahltermine. Ein Beispiel: Anna Peters lernte ich im Frühjahr 2023, knapp ein Jahr vor den Europawahlen kennen. Sie schilderte mir ein Vorhaben, das super im Vorfeld der Wahlen funktionieren würde. Vor allem aber war ich begeistert von ihrem politischen Talent - die Big Five schlugen voll aus. Anna entschied sich daraufhin für eine Bewerbung bei JoinPolitics, setzte sich in einem mehrstufigen Auswahlprozess durch und hat in der Förderung eine tolle politische Initiative an den Start gebracht, den Fiscal Feminist Hub, und diese rechtzeitig vor dem Wahlkampf beendet. Anna konnte sich unterdessen in ihrer Partei einen sehr guten Listenplatz sichern und wird es vermutlich gleich im ersten Anlauf ins Europaparlament schaffen. Das ist natürlich ein idealtypischer Scouting-Ablauf, nicht immer klappt das so smooth wie bei Anna. Aber in der Regel finden Talente, die das wirklich wollen, ihren Weg in die Politik - mal früher, mal später. 

Das klingt nach einer zeitintensiven Aufgabe. Zahlt sich dieses Vorgehen für JoinPolitics aus?

Absolut! Deshalb haben wir, wie schon erwähnt, eine ganze Scouting-Crew, die in der heißen Scouting-Phase gemeinsam anpackt und auf Talentsuche geht. Zur letzten Scouting-Runde, die sich ganz auf Talente für die Landtagswahlen in Ostdeutschland fokussierte, konnten wir mit Christoph Seils einen Talent-Scout mit jahrzehntelanger Erfahrung im Politikbetrieb gewinnen. Das hat uns sehr geholfen und unser Scouting nochmal professionalisiert. Man kann sagen: Ohne Scouting ist alles nichts, denn das Talentprogramm, das wir mit viel Herzblut und Ressourcen versehen, soll ja Wirkung entfalten, heißt: wirklich außergewöhnlichen, umsetzungsstarken Persönlichkeiten zugutekommen, die das Potential und die Kraft haben, den Politikbetrieb zu transformieren. Perspektivisch müssen wir deshalb eher noch mehr Ressourcen und Kapazitäten für das Scouting aufbauen. Hier passt das Motto “Viel hilft viel”, denn natürlich kann man sein Glück - und das ist die Trüffelsuche oftmals - durchaus erzwingen. 

Was sind bisher deine wichtigsten Erfahrungen aus dem Scouting?

Fokus, Fokus, Fokus. Je klarer das Profil ist, das wir suchen, desto zielgerichteter lässt sich scouten. Als wir im Frühjahr nach Talenten für die Landtage in Ostdeutschland gesucht haben, war klar: Wir suchen nur bei demokratisch gesinnten Parteien in Thüringen, Sachsen und Brandenburg. Und wir fördern nur Kandidierende, die noch nicht im Landtag sind und auch sonstige Voraussetzungen für JoinPolitics erfüllen. Das hat unser Suchfeld fokussiert auf 40-50 Personen. Am Ende haben wir 29 Bewerbungen erhalten. Wenn man keine Förderprofile definiert, findet man schnell den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr, denn dann wird schnell alles politisch. In der ersten Förderrunde haben wir beispielsweise noch Bewerbungen von Menschen erhalten, die Spiele zur politischen Bildung oder politische Podcasts entwickeln wollten. Coole Projekte, aber passt halt nicht zu JoinPolitics. Natürlich haben auch wir eine Learning Journey als Organisation, gerade bei der Frage, wen und was wir fördern. Hier haben wir uns massiv fokussiert in den bisherigen sechs Förderrunden. Sehr zum Freude der Scouting-Crew, denn die weiß inzwischen ziemlich genau, wo und wie sie auf Trüffelsuche gehen soll. Kleiner Spoiler, der aber vermutlich wenig überrascht: Schon bald gehen wir auf die Suche nach Personen, die erstmals in den Bundestag einziehen wollen, denn 2025 stehen wieder Bundestagswahlen an! 


Du glaubst, dass auch du ein politisches Talent bist, das die Voraussetzung für die Förderung erfüllt? Dann fülle direkt eine Interessenbekundung aus. Sobald wir wieder eine Bewerbungsphase ausschreiben, bekommst du exklusiv als erstes die Info. Voraussichtlich wird es im September/Oktober 2024 so weit sein!